Europa

Rendevouz mit Flamingos. Vier herrliche Radtouren im Po-Delta

Italien/Veneto. Back again im Pizzaland. Nachdem wir bereits Mitte März die Radwege bei Grado erkundet haben, sind wir diesmal durchs Po-Delta geradelt. Vier Tage und 200 Kilometer fast immer am Wasser entlang. Es war fantastisch schön.

Radweg bei Porto Levante

Das Po-Delta hat einen eigenen Charme. Ein kilometerweit verzweigtes Netz von Flussarmen, Kanälen und Lagunen. Man radelt auf fünf Meter breiten Dämmen durch die Backwaters, in denen Muscheln gezüchtet werden, viel am Meer entlang, folgt Kanälen, dem Po und seinen Nebenarmen. Sieht Flamingos, Schwäne, Reiher, Fischadler und jede Menge anderer Wasservögel und logiert für italienische Verhältnisse sehr günstig. Wichtig: Mückenschutz nicht vergessen. An ein paar Stellen waren die Moskitoschwärme so dicht, dass es am Radhelm richtig laut prasselte als wir die Schwaden durchfuhren. Und durch die Nase atmen! Mit offenem Mund schluckt man in so einem Schwarm sicher in wenigen Sekunden den Tagesbedarf an Proteinen.

Fischerhütte am Po bei Porto Tolle

Fischerhütte am Hauptarm des Po bei Porto Tolle

Po-Delta

Ein kleines Stück vom Po-Delta

Zentrales Quartier. Wir haben unser Basislager in Porto Tolle am Hauptarm des Po aufgeschlagen, weil es im Herzen des Deltas liegt und man von dort aus gleich mehrere Touren machen kann. Zudem wohnt man in Porto Tolle sehr günstig. Wir logierten im gemütlichen Albergo Italia mit dem besten Ristorante der kleinen Stadt. Allerdings: Sightseeing oder Bummeln ist in Porto Tolle so spannend wie die 99. Folge von Soko Donau. Das Städtchen ist drei Kilometer lang, besteht im Wesentlichen aus einer Straße und hat nichts zu bieten, außer ein paar Bars (die beste ist die Big Bar), vier oder fünf Lokale, die nie alle an jedem Tag offen haben, und einen Hauptplatz mit Ostblockcharme. Porto Tolle ist definitiv kein Touristenziel. Wir konnten nur drei Pensionen ausfindig machen und mit uns waren in dieser Aprilwoche nur vier Ausländer hier zu Gast. Das machte durchaus Spaß: Die Einheimischen behandelten uns freundlich wie Staatsgäste und wir konnten einmal tief in italienisches Provinzleben blicken. Porto Tolle sieht uns wieder. Denn für Radler ist es das Tor ins Paradies.

Wohl ein Dutzend schöner Tagestouren kann man im Po-Delta machen und dabei die Distanzen, je nach Kondition, länger oder kürzer wählen. Alle sind leicht zu bewältigen, da das Land bretteleben ist und fast alle Wege asphaltiert sind. Wir haben vier Touren gemacht und können sie euch wärmstens empfehlen.


Tour 1. In den Norden nach Porto Levante. 51 km. Rundfahrt.Tour 1 Nordrunde

Einzige Schwierigkeit: Zirka fünf Kilometer sind nicht asphaltiert. Da radelt man etwas mühevoll auf einem grasbewachsenen Damm einen Kanal entlang. Genug zum Trinken mitnehmen, denn bis Porto Levante gibt es keine Einkehrmöglichkeit. Am Rückweg liegt dann direkt am Radweg die super gute Osteria del pesce al cason di valle (ca. 7 km vor Porto Tolle am Po-Nebenarm Maistra). Es zahlt sich aus, den Hunger bis dorthin zu unterdrücken. Download GPX-Track


Tour 2. In den Süden. 66 km. Rundfahrt.

Tour 2 SüdrundeNeben der Tour 4 die schönste der vier Touren. Auf asphaltierten kleinen Straßen, auf denen nur ab und zu ein Auto fährt, geht es entlang von Po-Armen, Lagunen und dem Meer durchs Delta. Immer wieder sieht man Wasservögel und radelt an Fischerhütten und Bauernhöfen vorbei. Auch ein paar nette Restaurants liegen auf der Strecke. Ein Highlight ist die Pontonbrücke über den „Po di Donzella“ bei Santa Giulia, die Radfahrer gratis benützen dürfen. Von Porto Tolle aus geht es zuerst auf dem südlichen Damm des mächtigen Po-Armes „Po di Venezia“ nach Osten. Dann nach Süden am Ufer des „Po delle Tolle“ bis fast zur Spitze einer von Lagunen gesäumten Halbinsel. Danach fährt man etwa 20 Kilometer auf der „Strada Provinciale 38“ und der „Strada Provinciale Sacca“ direkt am Meer um eine Bucht, in der intensiv Muscheln gezüchtet werden, und danach nördlich, den „Po della Donzella“ entlang, zurück nach Porto Tolle. Download GPX-Track


Tour 3. Nach Pila zur Hauptmündung des Po im Naturreservat „Bocche di Po“ (Mund des Po). 33 km hin/retour.

Tour 3 Porto Tolle - PilaDie Tour ist kurz und nicht ganz so schön wie die anderen, aber das ist nörgeln auf hohem Niveau. Der asphaltierte Radweg führt am Norddamm des „Po di Venezia“ immer schnurstracks nach Osten zu einer kleinen Insel auf der das Fischerdorf Pila liegt und zur Mündung des großen Po-Armes. Die letzten paar Kilometer bis Pila radelt man auf einem Damm mitten durch die Lagune. Die Insel wird umrundet (Schotteerstraße, ca. 6 km), dann geht es auf derselben Strecke wieder zurück nach Porto Tolle. Download GPX-Track


Tour 4. Von Porto Levante zum Strand von Rosolina Mare. 44 km hin/retour.

Tour 4 Porto Levante - Rosolina MareDas ist die landschaftlich schönste Strecke mit fantastisch schönen Lagunen, in denen im April noch Flamingos Zwischenstation machen, und sich jede Menge sonstiger Wasservögel tummeln. Von Porto Tolle aus zu radeln, war uns zu weit. Wir fuhren mit dem Auto bis Porto Levante (30 km) und starteten unsere Tour dort. Gut die Hälfte der Strecke radelt man auf einem schmalen Damm durch Lagunen und landet schlussendlich am fünf Kilometer langen Sandstrand von Rosolina Mare. Spaghetti Vongole und ein Glas vino rosso mit Blick aufs Meer. Herrlich! Zurück geht es auf derselben Strecke. Download GPX-Track


INFOS

Logis-Tipp: Albergo Italia  Günstig, gut, freundliche Gastgeber. Die Räder kann man sicher in einem verschlossenem Schuppen abstellen. Wir zahlten Mitte April für zwei Personen im Doppelzimmer mit Frühstück 63 € pro Nacht. Das dazugehörende Restaurant ist das beste von Porto Tolle und bietet auch eine Auswahl an exotischen Spezialbieren. Köstlich: die hausgemachten Nudeln. Nur der Hauswein „vino alla spina“ (Wein vom Hahn) schmeckte uns nicht besonders.

Ausflugsziel: Chioggia, die kleine Schwester Venedigs, ist einen Ausflug wert. Sie liegt am Südrand der Lagune von Venedig, 40 km nördlich von Porto Tolle auf einer kleinen Insel, die mit dem Auto über einen Damm erreichbar ist. Die 50.000-Einwohner-Stadt ist wie Venedig von Kanälen durchzogen und recht stimmungsvoll. Nur die Prachtbauten à la Venezia fehlen. Der schönste Kanal ist der „Canal Vena“, an dem einige schöne venezianische Villen und der Fischmarkt liegen, die Hauptattraktionen von Chioggia.

18 replies »

  1. Zuerst einmal: danke für diesen Artikel. Als ich im Jänner beschloss, im April ins Po-Delta zu fahren, um dort mit dem Fahrrad die Gegend zu erkunden, war ich wirklich froh, auf diese Seite gestoßen zu sein, und das hat bei der Planung super geholfen. Auch die Albergo Italia war wirklich ein Volltreffer, der Wirt Sebastiano und sein Team (großteils Familie) sind sehr freundlich und das Essen gut und preiswert.
    Zur Nordtour: leider (oder Gottseidank) ist der westliche Teil dieser Tour nicht mehr befahrbar. Die Beschilderung weist zwar immer wieder auf den von Ihnen beschriebenen grasbewachsenen Damm, Zäune, Gitter und versperrte Schranken machen den Weg dorthin allerdings unmöglich. Es hat sich allerdings eine Alternative gefunden: ein bisschen weiter westlich kann man auf einer wenig befahrenenen, aber asphaltierten Straße dahinradeln, die Tour ist dadurch vielleicht 10 oder 15 km länger als beschrieben.
    Zur Südtour: hier empfiehl es sich, nach Tolle über die Brücke nach Polesine Camerini zu fahren – dort die erste Abzweigung links nehmen, bis zum Damm fahren und auf diesem Richtung Süden zu radeln. Die Straße auf der westlichen Seite des Po delle Tolle ist etwas ungemütlicher, viele LKW, die die Campingplätze in Barricata beliefern und recht knapp überholen (weil die Straße nicht gerade breit ist) können hier für gefährliche Situationen sorgen. Der Damm auf der östlichen Seite ist neu asphaltiert, und auf der Höhe von Scardovari gibt es wieder eine Brücke zurück auf die Isola della Donzella. Einkehrtipp: Die Osteria Arcadia in Santa Guilia (http://www.osteria-arcadia.com/), insbesondere im Frühling oder Herbst, wenn die Krabben („Moleche“) ihren Panzer wechseln und so als ganzes verzehrt werden können.
    Tour nach Pila: Das lässt sich etwas verlängern, und zu einer kleinen Runfahrt ausbauen. Bei der Rückfahrt fährt man dabei in Ca’Zuliani nach rechts, und radelt dann ca. 5 km nach Norden bis Boccasette. Dort geht es auch über eine kleine Pontonbrücke, nach dieser hält man sich links und kommt dann auf den südlichen Abschnitt der Nordtour, vorbei am von Ihnen beschriebenen Fischrestaurant.
    Tour nach Rosolina Mare: Mit einem kleinen Umweg von ca. 5 km gelangt man an die Mündung der Etsch. Dort findet sich ein toller Aussichtsturm.
    Zum Abschluss hat sich noch eine zusätzliche Tour gefunden. Beginn wie die Südroute, dann über die von mir beschriebene Brücke nach Polesine Camerini und auf den Damm. Einmal um diese Insel herum und wieder über die Brücke zurück, macht insgesamt etwas über 50 km. Gastronomie-Tipp hier: Canarin (http://www.canarin.it/). Fallstrick: Nachdem man den ENEL-Komplex (Kraftwerk) umrundet hat und auf dem Hubschrauberplatz angekommen ist, muss man links über die kleine Brücke, um wieder auf den Damm zu gelangen – fährt man hier geradeaus weiter landet man am Ende einer Landzunge…
    Ich hoffe, dass diese Anmerkungen für zukünftige Po-Delta-Touren hilfreich sind.

    • Danke Maikl für dein update und deine super Ergänzungen. Da bekomm ich gleich wieder Lust hinzufahren und deine Routen auszutesten. Ich bin übrigens vor zwei Wochen wieder in der Gegend geradelt. Diesmal von Porto Tolle immer auf dem Damm des Po entlang nach Ferrara. Auch das ist eine herrliche Tour (ca. 90 km). Ferrara ist bezaubernd und man kann auf der alten Stadtmauer, die heute eine Jogging- und Spaziermeile ist, rund um die Stadt radeln (ca. 9,5 km).
      Wünsche dir weitere schöne Radtouren. Was kannst du mir an feinen Touren empfehlen? Vielleicht hast du ein paar Tipps für mich.
      Liebe Grüße Karl

      • Hallo Maikl, danke für die Tipps und die flotte Antwort. Beide Touren klingen gut, werde ich mir anschauen. Die Gegend Toblach und Cortina kenne ich, wenn auch noch nicht vom Radeln. Die Landschaft ist jedenfalls sehr schön. Viel Spaß auf deinen nächsten Touren und nochmals herzlichen Dank.
        Liebe Grüße Karl

    • Hallo Maikl
      Deine Ausführungen hören sich super an. Ich fahre nächste Woche ins Albergo Italia für eine Woche zum radeln. Das ist unser erstes mal in Italeienirien. Meine Frage an Dich. Hast Du ausführliche Karten oder Routenbeschreibungen von Deinen Touren? Im Voraus besten Dank für Deine Antwort.

      • Hallo René!
        Ich habe GPX-Tracks von meinen Runden. Diese unterscheiden sich aber kaum von den hier angebotenen, und die Unterschiede habe ich eigentlich in meinem Kommentar ausführlich beschrieben. Ausserdem sind sie nicht bereinigt, daher sind auch einige „Dummheiten“ mit drin. Du kannst die Tracks hier herunterladen: https://www.dropbox.com/s/g3o8ysyxjy7yx8b/Porto%20Tolle.zip?dl=0 (da bleiben sie aber nicht ewig liegen…)
        Eine Karte mit den Radwegen der Gegend gibt es kostenlos im Hotel. Ich denke, das ist hilfreicher…
        Beste Grüße
        Maikl

  2. Wir waren letzte Woche in Porto Tolle im Hotel Bussana. Das Hotel hat eine wunderschöne Gartenanlage und einen großen Swimmingpool. Die Tour nach Süden haben wir etwas abgekürzt. Die Tour zum Fischerdorf Pila hat uns allerdings weniger gefallen, dafür sind wir zum Strand nach Boccasette. Ein kleine kurze Erfrischung in der Adria haben wir uns gegönnt. Da ich leider ein Problem mit den Ohren bekam, sind wir vorzeitig heimgefahren. Ein Arztbesuch in Porto Tolle erfordert detektivischen Spürsinn. Laut Touristikbüro ist der Arzt täglich an einem anderen Ort und man weiß nicht wo. Eine Apotheke konnte uns dann noch weiterhelfen und wir fanden einen Dermatologen, der Augentropfen verschrieb, die allerdings nicht halfen.
    Eine schöne Gegend und ein schönes Hotel wir werden wieder zum Radeln nach Porto Tolle kommen. Auch eine Einkehr in die Osteria im Radweg Osteria del Pesche ist es wert.

  3. Hallo, Karl,

    ich kann nicht mehr nachvollziehen, wie ich auf diese Seite gekommen bin – aber danke, danke für den Bericht!

    Meine Frau und ich haben gerade eine knapp einwöchige Tour durch Österreichs Weinviertel und Waldviertel unternommenen (von Krems an der Donau hoch zur böhmischen Grenze, dort entlang bis hinter Wien) und sind jetzt komplett „angefixt“ von den mehrtägigen Radreisen. Selbst organisiert, selbstverständlich.

    Alles Gute, schöne Grüße,

    johannes

    • Lieber Johannes,
      freut mich, dass dir Radtouren so Spaß machen. Ich bin auch ganz narrisch drauf. Es gibt so viele schöne Touren. Wenn du wieder einmal ins Weinviertel kommst, besuch mich. Ich vermiete da auch einen Weinkeller als Ferienquartier. Wenn es dich interessiert, schaul mal auf die website – http://www.jellerkeller.at
      Liebe Grüße Karl

      • Wir sind schon immer gerne unterwegs gewesen, anfangs per pedes in Österreich, seit einem Jahr auch mit dem E-Bike. Und ja: Wenn uns unsere Wege wieder ins Weinviertel führen, was gar nicht so unwahrscheinlich ist, schauen wir vorbei.

        PS: Sehr hübsche Hütte, dein Weinkeller!

  4. Danke für die sehr interessanten Berichte im podelta, die ich heute beginne zu fahren.
    Aber zunächst noch Adria anschauen.
    Mal sehen welche Vögel ich im Herbst im Delta sehen kann.
    Bin von Verona über Legnano immer an der Etsch auf dem Deich auf zumeist gutem Terrain 51&97 km hergeradelt.
    Vielleicht geht es an der adriaküste auch so gut und möglichst autofrei weiter?
    Bin optimistisch aber auch skeptisch bei den italienischen Auto Fetischisten.
    Carpe diem in corona Zeiten.

      • Hallo, danke erstmals für den Podelta Bericht. Wenn ich mit dem Zug anreise, fahre ich da nach Padua? Weißt Du , obs von dort auch Radwege bis zum Podelta gibt?
        Liebe Grüße
        Elisabeth

  5. Vielen Dank für die ausgezeichnete Beschreibung und die guten Tipps, wir haben die Tour Nummer 4 gemacht und sehr genossen. Alles ist genau so wie beschrieben, das Albergo Italia ein Hit.

    • Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung, wir planen heuer eine Radtour im Po-Delta zu Ostern und da hat mir Deine Seite sehr geholfen! Wir fahren übrigens mit dem Zug nach Ravenna und von dort übers Po-Delta bis Venedig, wo wir mit dem Zug wieder zurück fahren (die Frage von Elisabeth zum Zug ist zwar von 2021 und wahrscheinlich zu spät, aber vielleicht für andere interessant).

      • Ja, Belinda, mich würde es interessieren, welche Zugverbindung ihr genommen habt, wie teuer sie war und wie sie gelaufen ist (Umstieg etc.). Meine Frau und ich haben im vergangenen Spätsommer den Drau-Radweg absolviert und sind ebenfalls mit dem Rad zum Start gefahren nach Toblach (Dobiacco) über Fortezza (Franzensfeste). Wir haben die Zugfahrt sehr genossen.

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